Liebe Mitglieder, sehr geehrte SpenderInnen und Unterstützer!
Seit wenigen Tagen bin ich aus Nepal zurück und freue mich sehr darüber, dass ich Ihnen viele erfreuliche Neuigkeiten aus dem Dorf berichten darf. Die Projektreise war ein voller Erfolg und ich danke der Shanti Leprahilfe e.V. insbesondere Gründerin Marianne Grosspietsch und ihrem Sohn Heiko dafür, dass ich auch diesmal die Gelegenheit erhielt, am Shanti Gesundheitscamp in Rapcha teilzuhaben. Euer deutsch-nepalesischer Verein Shanti Sewa Griha ist ein großer Segen für die arme Bevölkerung von Nepal und ich danke euch von Herzen für euren unermüdlichen Einsatz. Anhand meines kleinen Reiseberichts und vielen, eindrücklichen Fotos versuche ich hier meine Erlebnisse in Rapcha wiederzugeben.
Ich kann meine Beine nicht mehr spüren. Vom langen Sitzen waren sie eingeschlafen. Wieviele Stunden waren wir schon unterwegs? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Ein Blick durch die Windschutzscheibe offenbahrte nichts als Dunkelheit, schwächlich erleuchtet durch die Scheinwerfer des klapprigen Geländewagens. Der Fahrer sprach kein Wort mit mir, auch er war müde und musste sich auf die Strasse konzentrieren. Strasse? Das hier war keine Strasse, sondern ein endloser Pfad durch Nepals Berge. Immer wieder musste der Fahrer großen Felsbrocken und riesigen Schlaglöchern ausweichen, die Fahrgeschwindigkeit hatte sich auf Schritttempo reduziert. Früh morgens um 6 Uhr waren wir in Kathmandu gestartet, alle der Meinung, wir werden bestimmt noch vor Sonnenuntergang in Rapcha eintreffen. Welch ein Trugschluß! Zuerst fuhr ich im großen und sehr bequemen Geländewagen von Heiko mit. Pancha und ich hatten uns um 4 Uhr in Kathmandu bei Shanti Sewa Griha mit dem Team dort verabredet, um gemeinsam mit ihnen nach Rapcha zu fahren. Shanti wollte im Dorf das nächste Gesundheitscamp abhalten und Heiko Grosspietsch, Sohn der Shanti-Gründerin und General Manager des Vereins hatte Pancha und mir angeboten, uns ins Dorf mitzunehmen. Die Fahrzeuge wurden gepackt, Tetriskenntnisse waren erforderlich, um die wichtige, medizinische Ausrüstung verladen zu bekommen. Aber dann waren da auch noch jeweils 400 Paar Schuhe und Socken, warme Jacken für die Kinder von Rapcha und nicht zu vergessen: Litho! Das Aufbaunahrungsmittel, welches wichtige Nährstoffe liefert. Das Laden nahm viel Zeit in Anspruch und so verliessen wir erst um kurz nach 6 Uhr die nepalesische Hauptstadt. Anfangs war die Strasse noch gut, meistens asphaltiert und mit wenigen Schlaglöchern. Je weiter man sich aber Richtung Solukhumbu bewegte, umso schlechter wurden die Strassenverhältnisse. Aber das kannte ich ja bereits von meinem letzten Aufenthalt in Nepal, bei dem wir auch im Geländewagen nach Rapcha gefahren waren. Nach schier endlosen Stunden kamen wir kurz vor Sonnenuntergang in der Bezirksstadt Saleri an. Von hier waren es „nur“ noch ca. 35 Kilometer bis ins Dorf Rapcha. Nun war die Frage: weiterfahren und auf volles Risiko gehen? Für ortsunkundige Fahrer konnte das lebensgefährlich sein. Für Heiko war klar, dass er dieses Risiko nicht eingehen wird. Zu groß war die Verantwortung für sein Team, welches aus 24 Leuten bestand. Und so entschied er, dass die Nacht in der kleinen Stadt Phaplu (sie liegt direkt neben Saleri) verbracht und die letzte Etappe nach Rapcha früh morgens gefahren wird. Nur ein Geländewagen des Shanti-Konvois sollte heute Nacht noch weiter nach Rapcha fahren. Ich witterte meine Chance, heute noch ins Dorf zu kommen. Ich kläre schnell mit unserem Projektleiter Pancha ab, dass ich weiterfahren möchte und schon sass ich bei dem wortkargen Fahrer auf dem Beifahrersitz. Pancha wollte später nachkommen, er musste noch Einiges in Phaplu organisieren. Er reichte mir zum Abschied die Hand und meinte „Good luck!“. In dem Moment wurde mir klar, was ich verdrängt hatte: die Strasse bei Nacht zu befahren konnte das Leben kosten. Ich rief ihm noch zu: „Kann ich dem Fahrer vertrauen?“. Er antwortete: „Ja, ich verpreche es dir. Du wirst heil im Dorf ankommen.“. Mir rutschte das Herz in die Hose.
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